Spargelbesen und Kultur

 

„Eine Tour, bei der Kultur, Geschichte und Genuss auf magische Weise miteinander verschmelzen“, so die Ankündigung für eine neue Veranstaltung unseres ASP-Teams. 34 ehemalige Kolleginnen und Kollegen trafen sich dazu am Dienstag, den 7. Mai 2024, am ZOB in Brackenheim. Dort wurden wir bereits von der Kollegin Regine Jung erwartet, die dieses tolle Event für uns organisiert hatte, und die uns nun alle herzlich begrüßte.

 

 

Wie immer große Freude über das Wiedersehen und große Neugierde, was uns da heute wohl geboten würde. Kurz darauf gesellten sich drei weitere Damen zu uns, von denen eine gleich das Wort ergriff und sich und die beiden anderen Damen vorstellte: Regine Sommerfeld und ihre Tochter Ellen Sommerfeld waren unsere beiden Führerinnen, die uns zum Weinkulturspaziergang „Heuss’liche Kellerkinder“ einluden, an dem auch Frau Alexandra Hornberger von der Tourist-Information gerne teilnehmen wollte.

 

 

„Mir nach!“, so der Aufruf von Regine Sommerfeld, dem wir gerne folgten. Vom ZOB ging es zunächst durch eine Unterführung, die teilweise künstlerische Elemente aufwies, in die Kleintorgasse und den unteren Teil der Stadt Brackenheim. „Wir sind gerade durch eines unserer Stadttore gelaufen“, so der Kommentar unserer Führerin. Und sie fuhr fort: „Wenn Sie es jedoch nicht bemerkt haben, ist es auch nicht schlimm, denn das Tor gibt es nämlich gar nicht mehr!“ – Diese Ansprache zeigte uns bereits, dass wir eine durchaus witzige Führung erwarten durften, was sich denn im weiteren Verlauf so auch immer wieder zeigte.

 

Wir erfuhren, dass Brackenheim in der zweiten Hälfte des 13. Jh. mit einer annähernd rechteckig geführten Stadtmauer umgeben wurde. Diese umschloss die ganze Stadt mit ihren engen Gassen und Winkeln. Bis 1830 stand die Mauer, dann hat man gemerkt, die Stadt hat keinen Platz mehr. Daher begann man, die Mauer wieder abzutragen und die Steine anderweitig wiederzuverwenden.

 

Kurz darauf standen wir im Handwerker-Viertel, im tiefsten Teil der Stadt. Die Häuser waren laut Führerin relativ klein und gedrungen. Teilweise wurde die Stadtmauer als Rückwand genutzt. Die Häuser waren alle nicht unterkellert, im Gegensatz zu den Häusern der Obrigkeit im oberen Teil der Stadt. Diese hatten alle große Lagerkeller für Wein, im größten konnten 212.000 Liter Wein gelagert werden. „Für uns täte das dann gerade über den Winter reichen“, so Frau Sommerfeld, die uns damit natürlich zum Lachen brachte.

 

 

Doch dann ging es wieder ernst weiter, das Thema Fachwerk stand an. Dabei hörten viele von uns sicherlich erstmals die Begriffe „Flößeraugen“ und „Wiedlöcher“. Dort wo wir standen, am Haus von Willy Neumeister mit der Hausnummer 4, konnten wir erkennen, worum es ging. Da den damaligen Bewohnern das Holz in den eigenen Wäldern zu kostbar war, ging man dazu über, Holz über Nagold, Enz und Neckar hierher zu flößen. Die Stämme wurden Im Schwarzwald geschlagen und zu Flößen zusammengebaut Dazu hat man in die Balken Löcher gebohrt und so die Stämme zusammengesteckt und mit Weide verbunden. Deshalb nannte man diese Löcher Flößeraugen oder Wiedlöcher (Wied von Weide). Diese Flößeraugen sieht man hier immer wieder. 

 

 

Nach so vielen interessanten Erklärungen kam nun für uns ein Moment der Besinnung: wir durften in die Evangelische Stadtkirche St. Jakobus eintreten. Sie gilt als Wahrzeichen der Stadt. Noch heute lassen sich Elemente der Gründungszeit um 1300 erkennen, etwa gotische Fresken an der Nordwand (z. B. Heilige Drei Könige) und in einer reich verzierten gotischen Nische ein Heiliges Grab. Bedeutend ist das überlebensgroße Kruzifix, das wohl aus der Schule Hans Seyffers (Altar der Kilianskirche Heilbronn) hervorging. Die hölzerne Kanzel im Spätrenaissancestil mit Bildern der Evangelisten und Propheten wurde 1617 zur 100jährigen Reformationsfeier geschaffen. Zwei große geschnitzte Tafeln - mit zwölf Passionsszenen und Apostelfiguren bemalt - stammen aus dem 17. Jahrhundert. Die Orgel stammt von 1716 und kommt aus Heilbronn von der Werkstatt Schaal. Allerdings ist nur noch ein kleiner Teil original, da im Lauf der Jahrhunderte immer wieder zu- und angebaut wurde. Eine 1964 durchgeführte Renovierung gab der Kirche ihr heutiges Aussehen. In diese Kirche wurde auch der kleine Theodor Heuss mitgenommen, der sich auch später immer noch an das Lob für sein andächtiges Stillsitzen erinnert.

 

 

Und dann gab es in der Kirche noch einen Höhepunkt extra für uns: Die Organistin spielte für uns das Lied „Nun danket alle Gott…“, und die meisten von uns sangen andächtig mit. Mit vielen Eindrücken versehen, verließen wir dann wieder die Kirche und standen nach wenigen Schritten vor dem neuen Rathaus. Hier sollten wir jetzt das erste Kind der „Heuss’lichen Kellerkinder“ kennenlernen. Des Rätsels-Auflösung: bei den „Kellerkindern“ handelte es sich um 3 verschiedene Weine, die wir im Laufe des Vormittages an verschiedenen Stationen verkosten durften.

 

 

Hier am neuen Rathaus war also die 1. Station. Der Ehemann von Regine Sommerfeld, Herr Jürgen Sommerfeld, hatte bereits alle Vorkehrungen für die erste Weinverkostung getroffen. Jeder durfte sich ein Glas nehmen und bekam einen „Rivaner trocken (Müller-Thurgau) – Mann im Fass – Stromberg-Zabergäu“ eingeschenkt. Ein Wein mit einem charakteristischen Bouquet aus Frucht- und Muskatanklängen. Ein Wein, mit einer jugendlichen Frische, passend zur Jahreszeit und damit auch zu Spargelgerichten. Der Name dieser Weinserie „Mann im Fass“ entspricht im Übrigen der gleichnamigen Bronzefigur des Künstlers Hermann Koziol, die in Haberschlacht vor der traditionellen Kelter steht und seit Jahren dort die Weinfreunde begrüßt. Was immer dieser Mann im Fass auch gerade tun mag, es wird ein Geheimnis bleiben. Er selbst gibt keine Antwort und starrt nur ins Leere. Selbst wenn man vorsichtig von oben oder von unten in das Fass hineinblickt, wird man nichts erkennen, denn Mann und Fass sind eins, im wahrsten Sinne des Wortes aus einem Guss, aus Bronze. So wird es weiterhin ein Rätsel bleiben so wie die Frage, was trägt der Schotte unterm Rock?

 

 

Noch ein Wort zu Brackenheim: Die Stadt mit ihren 7 Stadtteilen liegt ja mitten im Zabergäu, und damit mitten in einer rebenreichen Region zwischen Stromberg und Heuchelberg. Die Stadt hat rund 17.000 Einwohner und ist mit 840 ha Rebfläche die größte Weinbaugemeinde Württembergs.

 

Nachdem wir nun das erste von den 3 “Heuss’lichen Kellerkindern“ näher kennenlernen durften, war der Zeitpunkt gekommen, auch etwas über Theodor Heuss selbst zu erfahren. Diesen Part übernahm nun die Tochter, Ellen Sommerfeld. Als Theodor Heuss am 31. Januar 1884 in Brackenheim – damals eine 1.500 Ew große Seelengemeinde ohne jegliche Industrie und Infrastruktur - als jüngster von drei Söhnen des Straßenbaumeisters Louis Heuss und seiner Ehefrau Elisabeth geboren wurde, konnte keiner voraussagen, dass er später einmal Präsident unseres Landes werden würde. Hier in Brackenheim verbringt er seine ersten 6 Lebensjahre. Die Familie bewohnte damals den ersten Stock des sog. „Meehschen Hauses“ in unmittelbarer Nähe des Brackenheimer Schlosses. In seinem Buch „Vorspiele des Lebens“ beschreibt Heuss das Schloss als einen etwas klobigen Renaissancebau, aber auch als eine wunderbare Nachbarschaft, in dem Spielgefährten wohnten. Und er berichtet von einem Garten, durch den die Zaber floss, und wo es auch einen kleinen Badeplatz gab.

 

Und wir erfahren von Ellen Sommerfeld, dass Heuss bereits mit 5 Jahren sein erstes Geld mit Hopfenzupfen verdiente. Für das Simeri (altes Hohlmaß für Frucht, entsprach etwa 22,153 Liter) bekam man 6 Pfennige, für drei Simeri 18 Pfennige. Wie Heuss später schreibt, wanderten diese anschließend zu Bossaller, wo es Zuckerzeug zu kaufen gab. Schmunzeln rief bei uns dann hervor, als uns Ellen Sommerfeld noch berichtete, dass Heuss den klangvollen Namen „Bossaller“ für eine Berufsbezeichnung hielt und auf die Frage, was er mal werden wolle, antwortete: „Bossaller“.

 

Als Theodor Heuss 6 Jahre alt war, zog die Familie nach Heilbronn um. Dort ging Heuss dann in die Schule. Anscheinend war er ein sehr guter Schüler, der aber wohl die Schule nie wirklich ernst genommen hatte und sogar zweimal in den Karzer einsitzen musste. Einmal, weil er einem Mitschüler eine Ohrfeige verpasst hatte, und das andere Mal, weil er einem Polizeiwachtmeister vorgeschlagen hatte, dieser möge sich doch sein Schulgeld wieder auszahlen lassen. Und wieder ein Schmunzeln in den Gesichtern unserer Gruppe.

 

Heuss machte als Drittbester seiner Klasse das Abitur. Bei der Abschlussfahrt, stürzte Heuss so unglücklich, dass er sich eine Schulterluxation, eine Ausrenkung des Schultergelenkes, zuzog. Anmerkung: Bei unserem Ausflug mit dem ASP nach Gundelsheim am 7.10.2022 kamen wir an der Unglücksstelle von damals zu Füßen des Gundelsheimer Himmelreichs vorbei, wo er nach eigener Aussage „voll heiteren Übermuts“ gestürzt sei.

 

Zum Studium ging Heuss dann nach München. Dort studierte er Nationalökonomie, Staatslehre, Philosophie, Historie, Kunstgeschichte und Literatur. 1905 schließt er als 21-Jähriger sein Studium mit der Promotion „Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn am Neckar“ ab. Er war damals der Jüngste, den die Fakultät mit einem Doktortitel hervorgebracht hatte. Viele Details seiner Doktorarbeit zeigen deutlich, wie eng sich Heuss mit dem Stand der Wengerter verbunden fühlte. Als letzten Satz seiner Doktorarbeit schreibt er: „Der beste Schutz des einheimischen Weinbaus liegt bei einem zahlreichen und kaufkräftigen Konsumentenstand.“ Ein herzliches „zum Wohl!“ beendete diesen Abschnitt bezüglich Heuss.

 

 

Jetzt übernahm Regine Sommerfeld wieder das Zepter und informierte uns über den Neubau des Rathauses, vor dem wir standen. Dieser hat 6,1 Mio € gekostet und wurde 2011 eingeweiht. Durch seine geschlämmte Fassade fügt er sich gut in die Altstadt ein. Alt- und Neubau stehen sich vis-á-vis gegenüber. Rechts die prachtvoll verzierte Barockfassade und links ein auf seine Grundformen reduzierter Neubau. Ein verglaster Zwischenbau, in dem sich die gegenüberliegenden Giebelhäuser spiegeln, verbindet beide Gebäude.

 

 

Ab hier teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Ich blieb bei der Gruppe mit Regine Sommerfeld. Bereits nach wenigen Schritten gab es Ausführungen zur Stadtsanierung und zum früheren Bürgermeister, Herrn Rolf Kieser, der von 1988-2020 im Amt war. Durch sein geschicktes Wirken hat sich in der Stadt sehr viel verändert. Als Beispiel zeigt sie auf die Alte Schule und betont, dass es viele weitere prächtig restaurierte Fachwerkhäuser in der Stadt gibt. Einige davon würden wir ja noch sehen. Die alte Schule wurde 1608-1610 durch Baumeister Hans Reiss errichtet und diente als Schule bis 1896.

 

Dann werden wir auf eine Besonderheit dieses Hauses mit dem prächtigen Fachwerk hingewiesen. Wir erfahren, dass diese Fachwerkhäuser quasi beim Zimmermann auf dessen Hof entstanden sind. Dort wurde Etage für Etage des Fachwerks vorbereitet und komplett zusammengebaut, dann jedoch wieder auseinandergenommen, um letztlich danach am Bauwerk wieder Etage für Etage aufgebaut und verbunden zu werden. Damit dies dann aber auch immer in der richtigen Reihenfolge passiert, wurden die Balken mit römischen Ziffern nummeriert, und zwar immer zur Straßenseite hin. Das einzige Haus, wo man dies noch richtig sehen kann, ist der Anbau hier an der alten Schule. Bei genauem Hinsehen kann man hier die originalen Nummerierungen noch erkennen. Es folgten kurze Hinweise auf das Neue Bad, welches von 1400 bis 1530 zunächst ein Beginenhaus war. Das Haus wurde nach 1576 als städtisches Bad genutzt und diente nach dem Stadtbrand von 1691 bis 1776 als provisorisches Rathaus.

 

 

 

Nun gab’s „Denkanstöße mit Theodor Heuss“. 15 Stelen in der Altstadt und den weiteren Stadtteilen transportieren jeweils einen Gedanken, ein Zitat, von Theodor Heuss. Sie wurden anlässlich des 130. Geburtstages von Heuss an gut frequentierten Standorten aufgestellt und beschäftigen sich mit den Themen Demokratie und Freiheit. Sie sollen die Vorübergehenden dazu einladen, zum Selbst- und Weiterdenken ob der angebrachten Zitate. Der damalige Bürgermeister, Herr Kieser, hat sich insbesondere eine Stele mit diesem Zitat gewünscht: „Und was heißt Demokratie als Lebensform? Doch nur dies: dem Menschen, gleichviel wer er sei und woher er käme, als Mensch zu begegnen.”  Eine Aussage und eine Erkenntnis, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt hat.

 

 

Jetzt gibt es ein „ganz heißes“ Thema, denn Frau Sommerfeld berichtet nun von dem großen Stadtbrand im Jahre 1691. Am 22. Mai 1691 brach in der Wirtschaft zur Krone (übrigens heute die Kreissparkasse) nachts um 23.30 Uhr ein großer Brand aus, vermutlich durch die Fahrlässigkeit der Kronenwirtin. Dabei wurden mehr als 100 Gebäude, Wohnhäuser, Keltern, Scheunen und Stallungen sowie 3 Türme zerstört. Nur die Kirche hat als einziges Gebäude im Brandgebiet den Großbrand nahezu unbeschadet überstanden Aus nie geklärter Ursache gab der Röhrenbrunnen neben der Krone damals kein Wasser, was die Löscharbeiten massiv beeinträchtigte. Die Kronenwirtin geriet rasch ins Zwielicht, denn sie soll wohl sehr lebenslustig und dem Alkohol selbst nicht abgeneigt gewesen sein.

 

 

Dann Informationen zum Rathaus, welches in den Jahren 1774 – 76 erbaut und 1954 umfassend renoviert wurde. Es ist ein spätbarockes, zweistöckiges Gebäude mit Mansarddach. Wir erfahren, dass es unten damals keine Fenster hatte, sondern offene Arkaden, wo die Bäcker und Metzger ihre Waren verkaufen durften. Und wir werden auf das Stadtwappen von Brackenheim über der Eingangstüre hingewiesen: in Rot eine stehende silberne Bracke mit schwarzem Halsband und silbernem Leitring. Die Stadtfarben sind Weiß-Rot.  Bracke, ein Spür- und Jagdhund. Über dem Eingang der Balkon und nochmals die Bracke. Darüber dann ein Dreiecksgiebel mit dem damaligen württ. Wappen und zwei Figuren, die für Friede und Gerechtigkeit stehen: links die Justitia mit verbundenen Augen, dem Schwert der Gerechtigkeit und der Waage. Die zweite Figur rechts mit einem gestürzten Füllhorn voller Früchte und einem Palmwedel als Symbol des Friedens.

 

 

Dann waren wir bei der Heuss-Statue angekommen. Hier gab’s das nächste „Kellerkind“: einen Trollinger-Weißherbst aus der terrassierten Steillage, wieder von der WG Zabergäu. Der Trollinger -Weißherbst besticht durch seine filigrane Nase. Im Duft und Geschmack erinnert er an Himbeeren. Schön gekühlt legt er eine unglaubliche Spritzigkeit und Frische an den Tag. Ein Geschmackserlebnis, auch zu leichten Sommergerichten. Doch jetzt zur Heuss-Statue: Diese wurde von Professor Karl-Henning Seemann geschaffen zum 125. Geburtstag von Theodor Heuss, am 31. Januar 2009. Bewusst wurde auf einen Sockel verzichtet, um die Möglichkeit zur direkten Begegnung zu geben. Die Statue steht gegenüber dem Heuss-Museum in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schloss und zum ehemaligen Geburtshaus von Heuss. Als Heuss erfuhr, dass sein Geburtshaus 1950 abgerissen werden sollte, um einer neuen Kelter der Weingärtner-genossenschaft Platz zu machen, sagte er: „Reißt das alte Haus nur ab; eine Stätte zur Pflege des guten Brackenheimer Weines scheint mir viel wichtiger zu sein als romantischer Ruhm auf Vorrat.“

 

 

Weiter ging es mit Ausführungen zum Schloss, wo die Sanierungsarbeiten gerade in vollem Gange sind. Künftig wird dort die Ausstellung „Deutsche Weinwelt“ ihren Platz haben. Außerdem werden Tagungsräume, Gastronomie und ein Hotel integriert. Wir erfahren noch, dass alle drei Flügel unterkellert sind und damit eine Lagermöglichkeit für 600.000 Liter Wein haben. Die Regine Sommerfeld in die schwäbische Trinkeinheit umrechnete, also 2,4 Millionen Viertele.

 

 

Neben dem Theodor-Heuss-Museum wird gerade die Tourist-Information gebaut. Der Platz wo wir jetzt stehen, soll eine höhere Aufenthaltsqualität erhalten mit viel Grün, vielen Bäumen, Sitzplätzen und Springbrunnen. Doch bei uns plätschert noch einmal der Trollinger-Weißherbst, bevor wir weitere interessante Informationen zu Theodor Heuss erhalten. Dieser ging nach dem Studium nach Berlin. Dort hat er eine Anstellung als Redakteur bei der Zeitschrift „Die Hilfe“, Herausgeber Friedrich Naumann. Dieser ist auch sein Mentor und entwickelt sich zu einem guten Freund. Im Haus von Naumann lernt Heuss seine zukünftige Frau, Elly Knapp, kennen. Die Elly kommt aus Straßburg aus einem Professoren-Haushalt. Gesellschaftlich damit deutlich über Heuss stehend und auch ein paar Jahre älter. Sie werden dann 1908 von Albert Schweitzer in Straßburg getraut, mit dem Elly Knapp befreundet war. Ein Sohn, Ernst Ludwig, wird geboren. Die junge Familie zieht dann nach Heilbronn und wohnt dort von 1912-1918. In Heilbronn wird Heuss Chefredakteur der liberal orientierten Neckarzeitung. Beim Abschied von Berlin verspricht Heuss Naumann, dass er das verlorengegangene Mandat für den Reichstag wieder zurückerobern würde für die Demokratische Partei Deutschlands, was er dann auch im zweiten Anlauf schafft und seit Mai 1924 wieder Abgeordneter im Deutschen Reichstag für die Deutsche Demokratische Partei ist. Die Familie zieht dann wieder nach Berlin

 

Als die Nationalsozialisten an der Macht waren, verliert Heuss seine sämtlichen Ämter und damit auch seine Einnahmequellen. Er darf nicht mehr öffentlich auftreten, aber er schreibt nach wie vor Kurzgeschichten und Kurzbiographien und kleine unpolitische Essays, jedoch unter dem Pseudonym „Thomas Brackheim“. Dann ereilt ihn allerdings endgültig das Schreibverbot. Elly Heuss-Knapp wird dadurch als begabte und gefragte Werbetexterin die alleinige Ernährerin der Familie. 1943 zieht die Familie von Berlin nach Heidelberg- Handschuhsheim, wo sie einige Jahre bei Ellys Schwester wohnen.

 

Jetzt gehen wir den „Berg“ wieder runter. Lebhafte Unterhaltung innerhalb der Gruppe über das Gehörte. Dann sehen wir einen Brunnen, und daneben Herrn Sommerfeld mit dem dritten „Kellerkind“. Wie passend doch das Schild am Brunnen: „Kein Trinkwasser!“. Jetzt wird wieder vorgelesen (weil’s eifach so schee isch!“). In Handschuhsheim wurde Heuss im Sommer 1945 immer wieder von verschiedenen deutschsprechenden amerikanischen Offizieren aufgesucht, die sich mit ihm wegen der kommenden Kabinettsbildung unterhalten wollten. Heuss gab ihnen Ratschläge oder empfahl ihnen diesen oder jenen Mann, ohne dabei an sich selbst zu denken. Möglicherweise veranlasste gerade dies die Amerikaner, sich auch mit ihm selbst zu befassen. An einem Vormittag erschien bei Heuss ein amerikanischer Offizier, der ihn ohne Umschweife aufforderte, das Württembergische Kultministerium zu übernehmen. Die Situation war etwas eigenartig, denn Heuss war gerade dabei, mit einem Batscher die Teppiche, die über einer Stange hingen, zu klopfen. Er überlegte, machte noch ein paar kurze Schläge und meinte: „Doch, I komm, aber nur, wenn Ihr mir ein Dienstmädle besorget.“ 

     

 

Wir empfinden es einfach toll, dass uns die Informationen immer wieder in so humorvoller Weise vermittelt werden. Und wie sagte Regine Sommerfeld jetzt zu uns: „Man kann nicht in Brackenheim gewesen sein, und schon gar nicht bei mir bei einer Weinprobe, ohne dass man Lemberger serviert hat!“. Daher im Glas jetzt ein Lemberger Kabinett vom Brackenheimer Zweifelberg oben mit dem Schloss-Etikett. Ein vollmundiger Rotwein mit einem ausdrucks-vollen Bukett von aromatischen Waldbeeren. Mit seinem feinherben, fruchtigen Geschmack und seiner milden Säure eignet sich dieser Lemberger Kabinett sehr gut zu schwäbischem Sauerbraten oder auch zu Rind- und Wildspezialitäten.

 

 

Während wir noch Regine Sommerfeld lauschen, hat ihr Ehemann gerade die Kellertüre des Gebäudes aufgeschlossen, vor dem wir stehen. Es ist das ehemalige Dekanat, welches 1547 errichtet wurde. Dieses befindet sich heute im Privatbesitz. Eine Besonderheit: unter dem Haus und dem Keller fließt ein Bach. Doch dann hieß es aufpassen, denn der erste Tritt der Stufen in den Keller ist ziemlich hoch. Trotz unserem Schluck Lemberger ist das für uns natürlich kein Problem, und so steigen wir in den Keller hinab und sehen uns dort um. Und wir erfahren, dass auch Ludwig Uhland und Justinus Kerner mehrfach zu kurzen Besuchen hier im Haus waren.

 

 

Danach, in der Obertorstraße, wird unser Blick auf zwei Häuser gelenkt, die zusammengebaut wurden. Man sieht dies deutlich an den Eingängen und an den unterschiedlichen Verzierungen. Bei dem Haus mit den blauen Fensterläden handelt es sich um das älteste noch erhaltene Wohnhaus Brackenheims. Es war bis ins 18. Jahrhundert der Amtssitz des Vogtes. Und hier hatte Carl Bossaller, von dem wir ja eingangs hörten, seine Konditorei und Lebküchnerei, die Heuss in seinem Buch „Vorspiele des Lebens“ so anschaulich beschreibt. Im Nebenhaus hatte der Stadtschreiber gewohnt. Frau Sommerfeld meint, dies müsse ein sehr vorsichtiger Mann gewesen sein, denn er hätte sich viele „Versicherungen“ in sein Haus einbauen lassen: So ist im Fachwerk mehrfach das Andreaskreuz zu sehen, dann die beiden Dachrinnen mit den Drachenköpfen und als Drittes die zwei Neidköpfe, mit denen Dämonen und böse Geister ferngehalten werden sollten. Wir schauen uns dann noch die Rückseite dieser beiden Häuser an. Beide haben unterschiedliches Fachwerk. Das ältere Haus von 1442 hat ein sog. geplättetes Fachwerk mit Eichenbalken, die eine gewisse Stärke und Länge aufweisen. Dafür benötigte man ca. 1000 Stücke Holz. Bei der Technik des gezapften Fachwerks beim anderen Haus dagegen deutlich weniger, und damit auch entsprechend weniger Kosten.

 

 

Nach den fachlichen Informationen durften wir noch zwei Kurzgeschichten lauschen, die Heuss seinerzeit unter dem Synonym „Max Brackheim“ geschrieben hat. Und danach nochmal kurz etwas zu seiner Biographie. Heuss wird ja 1949 zum Bundespräsidenten ernannt und hat das Amt zwei Amtsperioden inne bis 1959. Danach zieht er sich ins Privatleben zurück. Er hat ein Haus in Stuttgart auf dem Killesberg. Dort stirbt er 1963 und wird in Stuttgart auf dem Waldfriedhof neben seiner im Alter von 71 Jahren bereits 1952 verstorbenen Ehefrau beerdigt. Und wir bekommen noch ein Gedicht vorgelesen, welches Theodor Heuss seiner Frau zum 70. Geburtstag gewidmet hat. Danach ging es zügigen Schrittes zurück zum ZOB Brackenheim. Dort verabschiedete sich Regine Sommerfeld von uns und betonte, dass es ihr mit uns viel Freude bereitet hätte. Zitat: „Es war ein echt schöner Vormittag!“ Und unsere Kollegin Regine Jung bedankte sich ebenfalls herzlich bei Frau Sommerfeld für deren hochkompetente, witzige und charmante Art, wie sie uns die vielen, hoch interessanten Informationen rübergebracht habe. Ein herzlicher Applaus war denn auch unser aller Dank an Frau Sommerfeld, an ihre Tochter und an ihrem Ehemann.

 

Jetzt war die Frage: wie kommen wir nach Dürrenzimmern zum Spargelbesen der Familie Grötzinger? Die Entscheidungen wurden individuell getroffen. Und nach und nach kamen alle im Spargelbesen an und freuten sich auf ein leckeres Mittagessen. Ein großer Saal bot für uns alle reichlich Platz. Die Speisekarten lagen auf den Tischen und jeder von uns konnte ganz nach seinem Gusto ein Spargelgericht bestellen. Um es kurz zu machen: Alle waren sehr zufrieden, denn es schmeckte wirklich super lecker. Und jetzt war auch die Gelegenheit, sich noch einmal über all das was wir gesehen und gehört hatten, zu unterhalten. Wir alle waren uns einig, dass wir heute etwas ganz Besonderes erlebt hatten. Unserer Kollegin Regine Jung gehört daher von uns allen ein herzliches Dankeschön und dickes Lob für die Planung, Organisation und Durchführung dieses tollen Events. Ja, und dann lichteten sich unsere Reihen so langsam. Beim Abschiednehmen war oft zu hören: „Das war heute echt super!“ Und so schließe ich auch meinen Bericht mit den schon öfters hier von mir geschriebenen Leitspruch: „Einmal ASP – immer ASP“, denn „Mit dem ASP isch’s oifach schee!“

 

 

Horst Neidhart

 

 

Fotos: Regine Jung, Horst Neidhart

Gestaltung: Rolf Omasreither  

„Eine unglaubliche Architektur, die fast schon kathedralen Charakter hat“,

 

so schwärmte die Stuttgarter Stadtdirektorin Andrea Klett-Eininger, die das Projekt Stuttgart 21 schon seit vielen Jahren begleitet. Und was sie damit meinte, konnten wir bei unserem Besuch auf der Baustelle von S21 sehr gut nachvollziehen. Doch der Reihe nach:

 

Wieder einmal durften wir, 38 ehemalige Kolleginnen und Kollegen, an einer Veranstaltung unseres tollen ASP-Teams teilnehmen. Um 11.45 Uhr trafen wir uns am 23. April 2024 am Bahnhof Ludwigsburg, um an der „Baustellenführung Stuttgart 21 / Neuer Hauptbahnhof: Bahnsteighalle“ teilzunehmen. Die Vorbereitung, Organisation und Leitung dieser Aktivität lag in den bewährten Händen der beiden Kolleginnen Sonja Ehnle und Herta Stahl, die uns beide herzlich begrüßten. Sie freuten sich über die vielen Anmeldungen und bedauern gleichzeitig, dass nicht alle Anmeldungen berücksichtig werden konnten. Bei allen von uns war das große Interesse zu spüren. Beherrschte das Thema „S21“ doch in den letzten Jahren sehr oft die Diskussionen der Politik und der Öffentlichkeit mit sehr unterschiedlichen, und oft auch weit auseinanderliegenden Ansichten und Meinungen.

 

Mit der S-Bahn ging es zügig bis Stuttgart Hauptbahnhof. Und mit wenigen Schritten waren wir von dort aus beim Brauhaus Schönbuch angelangt, was viele von uns ja schon von früheren Besuchen kannten. Auch wenn wir etwas zeitiger ankamen, konnten wir trotzdem sofort in den Gasträumen Platz nehmen. Getränke und Essen wurden schnell bestellt und auch zügig serviert. Und ebenfalls schnell entstand eine rege Unterhaltung an allen Tischen. Einfach schön, sich einmal wiederzusehen!

 

Gut gespeist verließen wir dann das Restaurant wieder. Unser Ziel war jetzt das IST, der InfoTurmStuttgart. Dieser befindet sich direkt an Gleis 16 des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Auf 4 Ebenen erschließt sich dort dem Besucher nicht nur eine umfassende Information über eines der spektakulärsten Bauprojekte Europas, wie es im Turm heißt, sondern der Besucher kann sich multimedial und interaktiv auch selbst ein umfassendes Bild verschaffen. Doch vorher hatten Sonja Ehnle und Herta Stahl auf dem kurzen Weg zum Turm noch eine Überraschung für uns parat: wir erhielten alle eine frische Brezel, die sich die meisten von uns auch gleich schmecken ließen, quasi noch als Nachtisch zum vorherigen Mittagessen.

 

Im ITS InfoTurmStuttgart angekommen, erhalten wir zunächst einmal Kopfhörer, um bei der anstehenden Führung auch alle Ausführungen unserer Führer gut zu verstehen. Ideal für uns, dass die Lautstärke den eigenen Bedürfnissen entsprechend individuell eingestellt werden konnte.

 

Dann teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Der Guide unserer Gruppe war Andreas Hofmann, der uns alle herzlich willkommen hieß. Auch wenn wir bereits das Treppenhaus mit den vielen Bild- und Textinformationen sehen, verbringen wir die ersten 10 Minuten noch im Erdgeschoss und lauschen interessiert den Ausführungen von Herrn Hofmann. Dieser lenkt unseren Blick zunächst auf ein großes Relief im Eingangsbereich.  Auf diesem wird das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm und die künftige Streckenführung dargestellt. Und es wird deutlich, dass das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm aus zwei Teilprojekten besteht. Diese sind das Projekt Stuttgart S21 sowie die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Die Bauherrin dieses immensen Projektes ist die Deutsche Bahn im Verbund mit ihren Partnern: der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Verband Region Stuttgart und dem Flughafen Stuttgart.

 

Bereits durch den Vergleich der auf dem Relief dargestellten bisherigen Streckenführung und der geplanten neuen Streckenführung können wir die Ausführungen unseres Guides sehr gut nachvollziehen, dass sich hier die Fahrtzeiten deutlich reduzieren werden. Und dies letztlich nicht nur im Regional- sondern auch im Fernverkehr. Wie uns gesagt wird, benötigte die Bahn für die Strecke von Ulm nach Stuttgart (Luftlinie ca. 90 Kilometer) auf der alten Trasse für eine Fahrt mit dem ICE eine Fahrzeit von 56 Minuten. Hinzu kommt, dass es auf dieser Strecke einen sogenannten „Mischbetrieb“ gibt mit Regio- und Güterverkehr, was bedeutet, dass die langsameren Regionalzüge in den Bahnhöfen immer wieder mal rechts ranfahren müssen, um die schnelleren Züge vorbei zu lassen. Diese lange Fahrzeit konnte seit 11.12.2022 durch die Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm bereits auf 42 Minuten verkürzt werden, wovon auch Reisende zwischen Nordrhein-Westfalen und Bayern profitieren. Zusätzlich konnte das tägliche Angebot im Fernverkehr Stuttgart/München um rund 20 Fahrten aufgestockt werden. Durch das Projekt S21 ist eine weitere Verkürzung von 15 Minuten geplant, so dass die künftige Fahrzeit nur noch 27 Minuten betragen soll. Bei diesen Ausführungen wurde vielen von uns erstmals deutlich, welche Optimierungen im Reiseverkehr die Realisierung dieses Projektes mit sich bringen kann.

Doch dann hieß es Treppensteigen, denn bereits im Treppenhaus gibt es durch die angebrachten Bild- und Texttafeln viele interessante Informationen. Seine chronologischen Ausführungen begann Herr Hofmann mit dem Hinweis auf 1988 und auf den Verkehrswissenschaftler und Professor für Eisenbahnwesen an der Universität Stuttgart, Herrn Gerhard Heimerl und die nach ihm benannte „Heimerl-Trasse“, die genau dieses Ziel hatte, den Zugverkehr zwischen Stuttgart und Ulm zu verbessern. Dies wollte er mit einem neuen Durchgangsbahnhof erreichen, der quer unter dem bisherigen Kopfbahnhof liegen sollte.

 

Als nächstes markantes Datum nannte unser Guide das Jahr 1994 mit der Ideenskizze Stuttgart 21. Diese sah vor, den Hauptbahnhof an seinem bisherigen Standort zu erhalten, den Stuttgarter Flughafen anzubinden, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke auf Basis der Heimerl-Trasse zu realisieren und die künftig nicht mehr erforderlichen Bahnflächen städtebaulich zu nutzen.

 

Bereits im folgenden Jahr 1995 heißt es in einer von den Beteiligten in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie, dass Stuttgart 21 technisch machbar sei und Vorteile sowohl für Städtebau und Verkehr bringen würde. Und so wurde dann am 7. November 1995 eine Rahmenvereinbarung von den oben genannten Projektpartnern unterzeichnet, wonach das Projekt weiter zu entwickeln und zu fördern sei.

 

Aus dem folgenden Realisierungswettbewerb wird 1997 von den 32 Juroren einstimmig der Entwurf des Büros „Ingenhoven, Overdiek und Partner“ zum Sieger gewählt. Doch wer jetzt dachte, dass es damit endlich losgehen könnte, hatte nicht mit der Deutschen Bahn gerechnet. Denn der damalige Bahn-Chef Ludewig verfügt 1999 einen Stopp der Planungen und spricht sich gegen das Projekt aus. Im Gegensatz dazu spricht sich jedoch der Landtag für das Projekt aus und fordert die Landesregierung auf, sich bei der Bundesregierung und der Bahn mit Nachdruck für das Projekt einzusetzen. In der Folge beschließt 2001 der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, das Projekt weiter zu planen. Das war die Grundlage für das Unterzeichnen des Kaufvertrages der Deutschen Bahn AG und der Landeshauptstadt Stuttgart für die dann freiwerdenden Gleisflächen von 85 Hektar. Der damalige Verkaufspreis betrug 830 Mio. DM. Es war übrigens der letzte Monat, wo es noch die DM gab, bevor dann – wie wir ja alle wissen – am 1. Januar 2002 der Euro als Bargeld eingeführt wurde.

 

Wie uns erläutert wurde, war der Kaufpreis das Ergebnis einer Mischkalkulation. Anhand einer Grafik zeigte uns Herr Hofmann dann, um welche Geländeteile es dabei ging. Diese erstrecken sich zwischen Hauptbahnhof im Süden, dem Rosensteinpark im Norden, dem Nordbahnhofsviertel im Westen und dem Schlossgarten im Osten. Hier soll nach der Vorstellung der Stadt Stuttgart künftig der neue Stadtteil Stuttgart Rosenstein entstehen. Wenn es Sie interessiert, finden Sie hierzu im Internet unter www.rosenstein-stuttgart.de  noch weitere interessante Informationen

 

Dann zeigte uns der Guide in der ersten Ebene des Turms ein weiteres Schaubild mit dem Titel „Projekt-Steckbrief“. Hier konnten wir das heutige Streckennetz, die Neubaustrecke und den Bahnknoten S21 sowie die Tunnels sehen. Wir erfahren, dass auf der Strecke Stuttgart-Ulm mit einer Länge von 57 km sich insgesamt 16 Tunnels und Durchlässe befinden, wobei der längste Tunnel, der Fildertunnel, 9.468 Meter lang ist. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Gesamtstrecke beträgt max. 250 km/h. Auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm – dem zweiten Bestandteil des Projekts Stuttgart - Ulm - befinden sich 12 Tunnels, darunter der Boßlertunnel mit 8.806 Meter Länge. Während sich die Autos am Drackensteiner Hang hochquälen und mancher Fahrer sich über Staus ärgert, fährt hier die Bahn jetzt in gerader Linie schnell durch den Tunnel. Lauter Informationen, die manchen von uns doch etwas zum Staunen bringen. Der uns gezeigte kurze Film mit dem Titel „Die Vision“ vermittelt uns noch viele weitere interessante Informationen über künftige Streckenführungen und vorgesehene Zeiteinsparungen bei der Nutzung der Bahn als Verkehrsmittel bei gleichzeitiger Entlastung von Flug- und Autoverkehr. So können künftig im Hochleistungsbetrieb bis zu 100 Züge im künftigen Hauptbahnhof ankommen, und damit doppelt so viele wie heute.  

Wir erfahren dabei auch noch, dass die Schnellfahrverbindung von Stuttgart nach Ulm Teil des Hochgeschwindigkeitsnetzes „Magistrale für Europa“ ist. Ein Begriff, den die meisten von uns auch noch nie gehört hatten.

 

Bei der Initiative „Magistrale für Europa“ handelt es sich um ein breites Bündnis aus Städten, Regionen und Industrie- und Handelskammern aus Frankreich, Deutschland, Österreich, der Slowakei und Ungarn. Stuttgart, Ulm und Karlsruhe sind Mitglieder dieser Initiative. Dieses Hochgeschwindigkeitsnetz mit seiner 1.500 Kilometer langen Bahnstrecke verbindet die europäischen Metropolen Paris, Straßburg, München und Wien mit Bratislava und Budapest und bildet damit als zentrale West-Ost-Achse ein Rückgrat des gesamteuropäischen Schienennetzes.

An einem anderen Schaubild erhalten wir interessante Informationen zum Europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS (European Train Control System). Unseren Gesichtern ist zu entnehmen, dass uns auch dieser Begriff zunächst nichts sagt, doch unser Guide klärt uns auf: So sollen ab 2025 die Züge des Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehrs im Knoten Stuttgart auf einem mit modernster digitaler Technik ausgerüsteten Netz fahren. Dabei werden laufend über eine verschlüsselte Funkverbindung zwischen Zug und Strecke Daten ausgetauscht. Und Herr Hofmann weist uns auf die im Schaubild erkennbaren gelben Eurobalisen hin. Hierbei handelt es sich um eine Art elektronischer Kilometersteine im Gleis, womit die Züge in regelmäßigen Abständen ihren genauen Standort mitteilen. Mit Weg- und Geschwindigkeitssensoren, darunter Radumdrehungszähler und Radare, misst das Fahrzeug laut dem Hersteller THALES laufend den zurückgelegten Weg und seine Geschwindigkeit. 

Im Digitalen Knoten Stuttgart kommt künftig ein weiteres System zum Einsatz, der sogenannte automatisierte Fahrbetrieb im Automatisierungsgrad 2. Wir erfahren, dass dieses System quasi wie eine Art ferngesteuerter Tempomat funktioniert, bei dem die Strecke dem Zug mitteilt, wann er an welchem Ort sein soll. Das Fahrzeuggerät regelt dann das Tempo entsprechend. Während bei Verspätung dann die höchstzulässige Geschwindigkeit gefahren wird, erfolgt bei planmäßigem Betrieb die Geschwindigkeit möglichst energiesparend.  Aufbauend auf das o.g. ETCS ermöglicht dieses Verfahren in Verbindung mit digitalen Stellwerken ein weitgehend hochpräzises Fahren, bei dem Verspätungen vermieden und damit der Abstand zwischen zwei Zügen verkürzt werden kann. Die Zugpendler werden dies sicherlich begrüßen. Denn wie wir erfahren, nutzen täglich über 435 000 Fahrgäste an Werktagen die S-Bahnen in der Region Stuttgart.

 

Auf unserem weiteren Weg zur nächsten Präsentation kamen wir dann wieder an Tafeln mit Jahreszahlen und den dazugehörigen Textpassagen vorbei. Hier erwähnte unser Guide insbesondere das Datum 30. September 2010, der Tag, der als „Schwarzer Donnerstag“ in die Geschichte der Stadt Stuttgart einging. Das Projekt Stuttgart 21 spaltet die Stadt in Befürworter und Gegner.  S21-Gegner besetzten damals u.a. Bäume im Stuttgarter Schlosspark, die gefällt werden sollten. Es kam zu einem starken Polizei-Einsatz mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern. Die Folge waren Schwerverletzte, und ein Mann erblindete daraufhin dauerhaft. Vielen von uns sind diese Geschehnisse und Bilder ja noch in Erinnerung.

 

Dann geht’s für uns weiter in Ebene 2. Hier sticht uns sofort die große Leinwand ins Auge und Herr Hofmann startet den Drohnenflug, eine beeindruckende, raumfüllende Projektion, die uns zeigt, was uns später unten im sog. Trog, in der Baustelle der Schalterhalle, erwartet, beziehungsweise wie diese später nach Fertigstellung aussehen wird.

 

Link zum ITS - Drohnenflug durch den virtuellen Hauptbahnhof bis zur S-Bahn:

 

https://www.google.de/search?q=its+stuttgart+21+drohnenflug&sca_esv=2f61a0c390a4d1ff&sxsrf=ACQVn0-E_YSWYYSxDSP8to_qkBNNb7__MQ%3A1714552847691&ei=DwAyZv3oKda9i-gPlLGAuAY&oq=its&gs_lp=Egxnd3Mtd2l6LXNlcnAiA2l0cyoCCAEyChAjGIAEGCcYigUyBBAjGCcyBBAjGCcyEBAuGIAEGBQYhwIYxwEYrwEyChAAGIAEGBQYhwIyDhAuGIAEGLEDGNEDGMcBMggQABiABBixAzIIEAAYgAQYsQMyCxAuGIAEGMcBGK8BMggQABiABBixA0izJVAAWNsHcAB4AZABAJgBZKABiwKqAQMyLjG4AQHIAQD4AQGYAgOgAsACwgIOEAAYgAQYsQMYgwEYigXCAgsQABiABBixAxiDAcICERAuGIAEGLEDGNEDGIMBGMcBwgIIEC4YgAQYsQPCAgUQABiABJgDAJIHAzIuMaAHxys&sclient=gws-wiz-serp#fpstate=ive&vld=cid:5b3e7791,vid:G_8AeeOT3V0,st:0

 

Danach erhalten wir noch einige Informationen, wie es mit dem Gäubahn-Ausbau Nord weitergehen soll. Die Gäubahn ist ein wichtiger Bestandteil des Schienenverkehrsnetzes im Südwesten und führt von Stuttgart über Singen bis zur Schweizer Grenze. Ursprünglich war eine Anbindung der Gäubahn über die S-Bahngleise am Flughafen vorgesehen. Dies hätte aber zur Folge, dass auf der Strecke der vorgesehene Deutschlandtakt nicht gefahren werden könnte. Durch die geplante Neuordnung des Schienenknotens Stuttgart ist vorgesehen, die Gäubahn künftig über den Pfaffensteigtunnel und den Flughafen an den Stuttgarter Tiefbahnhof anzubinden. Dies wird jedoch voraussichtlich erst im Jahre 2032 realisiert werden können. Die Kappung der Gäubahn soll jedoch bereits 2026 erfolgen. Bis zur endgültigen Anbindung wird es deshalb Übergangslösungen geben müssen. Für weitere Informationen zu diesem Thema verweist uns der Guide auf das Internet.

 

Als nächstes geht es nun auf die Baustelle. Jedoch noch nicht in den Untergrund, sondern wir bleiben ebenerdig und bleiben dann kurz vor dem Gebäude des Carl Zeiss Planetariums stehen. Von dort haben wir über die Baustelle hinaus den Blick zur Staatsgalerie und bekommen neue Informationen von Herrn Hofmann. So erfahren wir, dass im Rahmen des Projekts S21 verschiedene Bahnhöfe und auch Streckenverläufe der Stuttgarter Straßenbahnen umgebaut, bzw. teilweise auch neu eingerichtet werden müssen, um Platz für die neuen Bahntunnel zu schaffen. So erfahren wir, dass hierfür die Haltestelle Staatsgalerie umverlegt und in offener Bauweise als dreigleisiger Tunnel mit gewölbter Deckenschale neu errichtet wurde. Somit wurde aus der einst unterirdischen nun eine lichtdurchflutete Haltestelle.  Was jedoch anscheinend nicht ganz so einfach war, weil dieser Neubau sich nun teilweise über einem neuen Fernbahntunnel befindet. Unser Blick fällt während dieser Erklärungen immer wieder auf ein Bauwerk, was lt. Herrn Hofmann wie eine Haifischflosse aussieht. Wir erfahren, dass es sich hierbei um ein sog. „Schwallbauwerk“ handelt, welches mit seinen beiden Luftkanälen, die hinab in den Tiefbahnhof führen, der Entlüftung, bzw. im Brandfall der aktiven Belüftung der Bahnsteighalle dient. Unter anderem dient es jedoch auch der Vermeidung des „Tunnelknall-Effekts“ (Sonic Boom). Bei all diesen Ausführungen wird uns erneut bewusst, wie komplex doch dieses gesamte Bauvorhaben ist.

 

Dies wurde uns auch dann noch einmal deutlich, als wir an einem Förderband vorbeikamen und wir erfahren, dass beim Projekt S21 rund 20 Millionen Tonnen Abraum anfallen, die sortiert und kategorisiert, und anschließend natürlich auch abtransportiert werden müssen. Ziel ist dabei, einen optimalen und wirtschaftlichen Bauablauf sicherzustellen, Lärm- und Staubemissionen gering zu halten und auch die Beeinträchtigung des öffentlichen Straßenverkehrs auf das Notwendigste zu beschränken. Dies wird durch ein Gesamtkonzept der Baulogistik sichergestellt. So werden bspw. gelbe Wechselcontainer benutzt, die sowohl auf Zug und Lkw aufgesetzt werden können Der Erdaushub wird per Schüttgut-Lkw über das Baustraßensystem, welches sich überwiegend auf bahneigenen Flächen befindet, zu den Sammelstellen am Nordbahnhof transportiert und abgekippt. Der Abtransport des Aushubs von den Logistikflächen wird dann nahezu ausschließlich über die Schiene abgewickelt. Durch den Einsatz der Wechselcontainer reduziert sich das ständige Umladen und die LKWs müssen keine langen Strecken fahren. Wie Herr Hofmann mit Stolz erzählt, spart dies natürlich Zeit und auch CO2. Nach seiner Aussage kompensiert eine Zugfahrt rund 40 LKW-Fahrten, wodurch 76 Prozent CO2e eingespart werden. Soviel zum Thema Umweltbelange.

 

Etwas später stehen wir dann am Bahnsteig 3 mit 10 Meter Breite. Vorne sehen wir bereits die bis dahin verlegten Gleise. Die Bahnsteige haben eine Länge von 400 Meter. In diesem Zusammenhang kommt der Guide noch einmal auf das von ihm bereits im Turm genannte europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS zu sprechen. Dadurch ist es möglich, dass zwei Züge auf dem Gleis einfahren können, die dann auch automatisch gestoppt werden. Anhand von verschiedenen Szenarien zeigt er dann weiter auf, wie die verschiedenen Züge dann durch die verschiedenen Tunnels weiterfahren werden. Dabei lenkt er unseren Blick dann noch auf die Brillenwand, wo Bahntunnel und die Bahnhofshalle zusammentreffen. Einige Zeit später fällt dann auch noch der Begriff „Kartoffel“, der laut unserem Guide inzwischen auch von den Bauarbeitern für den Personentunnel übernommen wurde, weil dieser in seiner Form eben jener Knolle ähnelt. Dieser Personentunnel ermöglicht es, später von jedem der vier Bahnsteige über Rolltreppen und normale Treppen zur S-Bahn zu gelangen. Die ungleich gewölbten Wände des Tunnels sind der Grund für den Spitznamen „Kartoffel“, der laut Herrn Hofmann dann sogar in den Planfeststellungsunterlagen ganz offiziell so übernommen wurde.

Als wir wenig später dann in der Bahnsteighalle stehen und etliche der neuen Kelchstützen sehen, wird uns deutlich, was die Stuttgarter Stadtdirektorin, Frau Andrea Klett-Eininger, mit ihrem Ausspruch: „Eine unglaubliche Architektur, die fast schon kathedralen Charakter hat“, meinte. Insgesamt sind es 28 Kelchstützen, und jede ein Unikat, einzigartig in Form und Höhe, die das künftige Dach des Bahnhofs bilden. Sie wurden jeweils in 3 Abschnitten gefertigt: zuerst der 7 Meter hohe Kelchfuß, dann der über 6 Meter hohe Kelch und zum Schluss wurde dann die Hutze mit der Öffnung für das spätere Lichtauge auf der Kelchschale mit einem eigens von der Firma ZÜBLIN entwickelten Weißbeton betoniert. Diese Kelchstützen sind das architektonische Highlight des neuen Hauptbahnhofs. Durch ihre sich nach oben öffnende Form leiten sie das Tageslicht direkt von außen in die Bahnsteighalle. Es war zu erkennen, dass dieser Anblick uns alle doch sehr fasziniert hat und es wurden viele Fotos geschossen.

 

Am Bahnsteig 2 zeigt uns Herr Hofmann dann noch auf, dass die Reisenden künftig auf kurzen und barrierefreien Wegen entweder ebenerdig oder auch über gläserne Aufzüge zu einem der Verteilerstege kommen, die über den Bahnsteigen liegen. Auch gibt es von jedem Bahnsteig aus einen direkten Zugang zur S-Bahn.

 

Herr Hofmann weist uns noch auf Kelch Nr. 24 hin, der im Gegensatz zu den anderen Lichtaugen um 180 Grad gedreht ist und in der Mitte eine Aussparung aufweist, wo dann ein Aufzug reinkommt. Auf unserem Rückweg zum Turm erhalten wir noch Informationen zur Galerie-Ebene, die mit 11-13 Metern Breite, Sitzgelegenheiten, freien Wlan-Zugang und Verglasung eine Ruhezone für Reisende bietet.

 

Auch das Thema Kostenentwicklung wird von Herrn Hofmann noch thematisiert. Hier gab es ja in der Presse und in vielen anderen Medien schon sehr viele Berichte dazu, die sicherlich vielen von uns bekannt sind. Auf jeden Fall steht fest, dass die Kosten für dieses immense Bauprojekt ständig weiter gestiegen sind. Als letzte Zahl hatte der SWR von inzwischen 11 Milliarden Euro berichtet. Nun streiten sich vor Gericht die Projektpartner darum, wer für die Mehrkosten aufkommen muss. Unter diesem Hintergrund bleiben sicherlich die unterschiedlichen Meinungen über die Notwendigkeit dieses komplexen Bauvorhabens weiterhin bestehen und bieten weiterhin noch viel Diskussionsstoff. Doch wie sagte schon der französische Autor und Theoretiker des Industrialismus, Henri de Saint-Simon, einmal etwas ketzerisch: „Ein Projekt darf nie kürzer und günstiger als geplant sein.“ Keine Diskussion gab es jedoch unter uns, denn Einigkeit herrschte in unserer Gruppe darüber, dass wir mit Herrn Hofmann einen sehr kompetenten Führer hatten, der uns seine Ausführungen in sehr verständlicher und auch lockerer Form darbrachte. Ein kräftiger Applaus am Ende der Führung war denn auch unser herzlicher Dank an ihn.

 

Dann hieß es für uns wieder Schutzkleidung, Ohrhörer, Helm und Stiefel abzugeben. Jeder von uns erhielt dann noch eine große Papiertüte mit Informationsmaterial, so dass wir das Eine oder Andere auch nochmal in Ruhe nachlesen können. Und bei Interesse hat ja der InfoTurmStuttgart auch weiterhin geöffnet und auch auf der Homepage https://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/aktuell gibt es sehr viele weitere, interessante Informationen. Doch wir wollten nun alle möglichst zügig wieder nach Hause, denn wenn wir ehrlich sind, waren wir ob der vielen Informationen doch „etwas platt“. Aber unabhängig davon war dieses Event unseres ASP-Teams wieder ein echtes Highlight. Daher gilt unseren beiden Kolleginnen, Sonja Ehnle und Herta Stahl, ein ganz großes Kompliment und ein herzliches Dankeschön für die Organisation und perfekte Durchführung dieser Veranstaltung. Und nachdem wir heute soviel über das Zugfahren in der Zukunft gehört haben, will ich meinen Bericht nicht schließen ohne deutlich zu machen: Mit unserem ASP fährst Du auch in Zukunft gut!

 

Horst Neidhart

Fotos: Petra Benub, Horst Neidhart, Rolf Omasreither

Gestaltung: Rolf Omasreither  

„Probleme sind keine STOP-Schilder, sondern Wegweiser!“

 

So lautete ein Leitspruch von Robert H. Schuller, einem US- amerikanischen Fernsehprediger.

 

Ganz im Sinne dieses Leitspruches handelte Herr Manfred Ehrhardt, Leiter Digitale Innovationen, als er feststellen musste, dass es trotz intensivster Bemühungen nicht möglich war, eine Verbindung zwischen Rechner und

Beamer herzustellen. Aber: Wenn du an dich glaubst, wirst du Wege finden, auch schwierige Situationen zu meistern. Und genau dies ist Herrn Ehrhardt hervorragend gelungen.

 

Um die Veranstaltung im Rahmen von „Sparkasse aktuell“ mit dem Titel „Neues aus der digitalen Welt“ jetzt nicht einfach abzusagen, sondern den 40 hoch interessierten ehemaligen Kolleginnen und Kollegen doch noch die wichtigsten Neuigkeiten aus der digitalen Welt unserer Sparkasse aufzuzeigen, ging er mit uns nun aus dem Schiller-Foyer einfach ein paar Treppenstufen höher in den Raum A 150.

 

Dass es in diesem Raum nicht für alle von uns Sitzplätze gab, war jedoch kein weiteres Problem, sondern wurde von Einigen ganz einfach dadurch gelöst, in dem auf dem Boden Platz genommen wurde. Nein, dies war keine Sitzblockade, wie man sie in letzter Zeit immer wieder erleben musste, sondern der Beweis dafür, wie es Herr Ehrhardt ausdrückte, dass wir Pensionäre noch immer sehr flexibel sind.

 

Zu Beginn seiner Ausführungen entschuldigte er sich noch einmal bei uns, und es war ihm deutlich anzumerken, wie sehr es ihn ärgerte, dass er uns seine Präsentation nicht wie vorgesehen zeigen konnte. Doch sind wir mal ehrlich: wer von uns hat nicht schon selbst das eine oder andere Mal Probleme mit seinem Rechner gehabt. Wir waren jetzt trotz allem sehr gespannt, was es in der digitalen Welt unserer Sparkasse Neues gibt.

 

Zu Beginn präsentierte uns Herr Ehrhardt nun seine „TekCloud“. Hier waren viele Themenstellungen zu sehen. Als erstes sprach Herr Ehrhardt dann „ChatGPT“ an. Nur zu gerne hätte er uns gezeigt, welche Möglichkeiten sich hier durch den Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) bieten. Chat kommt ja vom englischen „chat“ = plaudern, sich unterhalten. GPT ist ein Chatbot (Generative Pretrained Transformer), der künstliche Intelligenz einsetzt. Als Beispiel führte er an, wie ChatGPT ihm für heute eine Begrüßungsrede an uns schreiben sollte. Zum Lachen brachte er uns dabei mit seiner Bemerkung, dass es dann auch einen Hinweis gegeben hätte, dass es keinen Rotwein bei der heutigen Veranstaltung geben würde. Mit Hilfe dieser KI könnten Vorgesetzte sich beispielsweise Reden für Jubiläen von Mitarbeitern oder für besondere Geburtstage verfassen lassen. Durch die Eingabe von individuellen Hinweisen kann ChatGPT dabei ganz gezielt den Text auf die zu ehrende Person gestalten.

 

Dann erfahren wir, dass der Chatbot von einer amerikanischen Firma (OpenAI) entwickelt wurde und die Server zum Teil in Amerika laufen. Das ist in Deutschland ein Datenschutzproblem und deshalb ist ChatGPT sparkassenintern noch nicht zugelassen. Der Fachbereich unserer Sparkasse ist derzeit dabei, eine Risikoanalyse und ein Betriebskonzept mit klaren Anweisungen für Mitarbeiter zu erstellen, um so einen Einsatz zu ermöglichen. Wobei personenbezogene Daten nicht verwendet werden dürfen. In der Praxis würde dann der Auftrag an ChatGPT z.B. eben nicht lauten: Schreibe mir eine Rede für den 50. Geburtstag von Herrn/Frau Müller, sondern nur für eine männliche oder weibliche Person.

 

Herr Ehrhardt gibt uns dann noch den Hinweis, dass wir ChatGPT ja selbst ausprobieren könnten und zwar sowohl auf unserem Handy wie auch auf unserem Rechner. Dazu gibt es eine entsprechende App, die man sich herunterladen kann. Allerdings ist dazu eine Anmeldung mit entsprechenden Zugangsdaten erforderlich.

 

Als nächstes kommt Herr Ehrhardt auf die Homepage der KSK Ludwigsburg zu sprechen. Hier erfahren wir, dass es heute möglich ist, ein Girokonto und Online-Banking zu eröffnen, ohne selbst persönlich bei der Sparkasse zu erscheinen. Die einzelnen Schritte, die uns Herr Ehrhardt aufzeigt, können von uns jederzeit selbst auf der Homepage angeschaut werden. Interessant für uns der Hinweis, dass dabei mittels Video-Legitimation auch die Legitimationsprüfung eines Neukunden durchgeführt werden kann. Wobei diese Daten dann nicht an einen Mitarbeiter unserer Sparkasse weitergeleitet werden, sondern an die Servicegesellschaft S-Markt & Mehrwert GmbH & Co.KG in Halle. Dieser Vertriebspartner ist 2018 aus dem Zusammenschluss von MehrWert Servicegesellschaft mbH (MWSG), S Direkt-Marketing GmbH & Co. KG (S Direkt) und S Institut für Marketing & Kundenbindung GmbH (S-IMK) hervorgegangen.

 

Eine weitere Möglichkeit ist nach den Worten von Herrn Ehrhardt jedoch der eID-Service (elektronische Identität). Da uns hierbei von Halle nur die Technik für diese Form der Leg. Prüfung zur Verfügung gestellt wird, ist dieses Verfahren deutlich kostengünstiger.

 

Bei der nächsten Position auf der TekCloud zeigte uns Herr Ehrhardt die Neuigkeiten beim Firmenkundenportal / OBB auf. Wobei OBB für „Online Banking Business“ steht, also das Online Banking für Geschäfts- und Firmenkunden. Er weist uns dabei wieder auf die Homepage der Kreissparkasse hin, wo es oben in der roten Menueleiste zwei „Buttons“ gibt, je einen für Privat- und für Firmenkunden. Und wir erfahren, dass die Sparkasse gerade dabei ist – was allerdings bestimmt noch einige Jahre dauert -, alle Geschäfts-, Gewerbe-, Firmen- und Unternehmenskunden mit einem eigenen Online-Banking auszustatten. Dazu muss mit diesen Business-Kunden allerdings eine Firmenkunden-Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden. Interessant auch der Hinweis, dass es künftig dann nur noch 1 elektronisches Postfach für die Firmen gibt und diese können dann entscheiden, wer von ihren Mitarbeitern darauf Zugriff erhalten soll. Mit der sog. Nutzerverwaltung können die Unternehmen nun selbst ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Rechte für den Online-Zugang erteilen, wobei diese Rechte passend zur Unternehmensstruktur flexibel gestaltet werden können.

 

Aus dem Teilnehmerkreis kommt dann die Frage zum ChatBotLinda. So interessiert es die Kollegin, ob „Linda“ nur eine Computerstimme ist, oder ob hier im Hintergrund echte Mitarbeiter tätig sind. Und vielleicht hat sich ja auch schon mal der oder die Eine die Frage gestellt, wie man eigentlich auf den Namen „Linda“ gekommen ist. So erfahren wir, dass „Linda“ die Abkürzung für „Linguistische Digitale Assistentin“ ist. Sofern Linda eine Frage nicht beantworten kann, verweist sie i.d.R. auf den Berater-Chat, und damit kommt wieder der Mensch ins Spiel. Wir erfahren dann noch, dass geplant ist, von „Linda“ auf „Linda Plus“ umzusteigen. Wobei hier zusätzlich KI zum Einsatz kommt. Ein weiterer Schritt wird dann mit „Linda Voice“ erfolgen.

 

Ein Teilnehmer hat dann verschiedene Fragen zum Thema „PAYBACK“. Doch wie wir ja schon am 6. März bei der Veranstaltung „Info-Markt“ von Herrn Dr. Schulte erfahren haben, steht unser Haus diesem Projekt aus zwei Gründen noch kritisch und abwartend gegenüber. Herr Ehrhardt weist hier auf die damit verbundenen relativ hohen Kosten hin. Und auch auf die Gefahr, dass dieses System von der Presse evtl. als „Datenkrake“ gesehen wird und das Image der Sparkasse darunter leiden könnte. Unser Haus wird zunächst weiterhin die Sparkassen-Vorteilswelt anbieten.

 

Weitere Fragen betreffen das pushTan-Verfahren. Wir erfahren, dass es auch hier eine Änderung geben wird und ein Umstieg auf pushTan-Neu erfolgt. Herr Ehrhardt empfiehlt uns – sofern wir bisher chipTAN nutzen – jetzt auf pushTan umzusteigen, da ja dann pushTAN-Neu kommt. Mit pushTAN können Zahlungen online freigegeben werden. Künftig kann man sich mit pushTAN sogar auch am Telefon legitimieren. Ein kleiner Hinweis: Auf der Homepage unserer Sparkasse finden Sie viele interessante Informationen zum Thema pushTAN.

 

Ein Schmunzeln huschte dann wieder über unsere Gesichter, als uns Herr Ehrhardt über die neue Form der Krankmeldung über Online-Banking informierte und uns dies dann auch vorführte. Auch dies ein weiterer Baustein im Bereich der Digitalisierung. Ein anderes Beispiel für mehr Digitalisierung ist auch die Tatsache, dass z.B. Vorstandsanträge ebenfalls nicht mehr auf Papier erfolgen und auch die Abstimmung im Vorfeld elektronisch passiert.

 

Eine Teilnehmerin möchte gerne wissen, wie das Bezahlen mit dem Handy vor sich geht, was ja immer häufiger zu beobachten ist. Wir erfahren, dass zunächst die S-Card auf dem Handy digitalisiert werden muss. Die weitere Vorgehensweise ist relativ einfach. Falls es Sie interessiert, auch hierzu finden Sie auf der Homepage der Sparkasse alle Informationen.

 

Wichtige Informationen gibt es dort jedoch auch unter der Rubrik „Sicherheit im Internet“. Neben den aktuellen Sicherheitshinweisen gibt es dort u.a. die Möglichkeit, einen Computercheck durchzuführen und dies sowohl am PC wie auch mobil. Uns wird empfohlen, diese Seite immer wieder mal aufzurufen.

 

Und wenn Sie bereits die Sparkassen-App auf Ihrem Handy haben, dann ist Ihnen evtl. auch schon der Button „giropay / Kwitt“ aufgefallen. Auch hierzu gibt es auf der Homepage weitere interessante Informationen.

 

Interessante Informationen, unterlegt mit einem Video, finden Sie dort aber auch zur neuen Sparkassen-Card mit VISA. Auch hierzu erhalten wir aufgrund der Fragen aus unserem Kreis von Herrn Ehrhardt noch viele Informationen und Hinweise.

 

Damit endete dann auch die Präsentation. Ein kräftiger und langanhaltender Applaus war unser Dank dafür, dass Herr Ehrhardt uns so viele interessante Neuigkeiten aus der digitalen Welt vorgestellt hatte. Auch Herr Rath bedankte sich sehr herzlich für die gelungene Improvisation und die Bereitschaft, im Herbst dieses Jahres dieses Thema noch einmal aufzugreifen und mit weiteren Schwerpunkten vorzustellen.

 

Wir alle bedanken uns aber auch bei unserem ASP-Team dafür, dass uns immer wieder derart interessante Veranstaltungen geboten werden. Und zum Schluss noch ein kleiner persönlicher Hinweis: dieser Bericht wurde nicht vom ChatGPT verfasst, sondern von

 

Horst Neidhart

 

 

    Bearbeitung: Rolf Omasreither